Dicke Wolken am Himmel luden heute nicht dazu ein, die Ferienwohnung zu verlassen. Spätestens jedoch um 17 Uhr hatten wir eine Verabredung in der Misselhorner Heide, ca. 20km nördlich von Celle. Da ein bisschen Bewegung nicht schaden kann, starteten wir zu unserem Ausflug bereits am frühen Nachmittag, um den Naturpark Südheide auf einem rund 8 km langen Weg zu durchwandern.
Spektakuläre Ereignisse blieben aus, vielmehr genossen wir die Ruhe und den Blick über die Weite der Landschaft. Unterwegs gab es Infotafeln zur Geschichte der Heide, unter anderem, dass in Tiefental, einem in der letzten Eiszeit entstandenen Trockental, der bekannte Missionsgründer und Hermannsburger Pastor Ludwig Harms vor der Kulisse der Heide predigte.
Auf einer anderen Infotafel waren die Eindrücke von Joachim Heinrich Campe zu lesen, der die Region im 18. Jahrhundert durchreiste: “Die ganze Strecke Landes zwischen Haarburg und Zelle, und von da bis nahe Hannover ist unstreitig einer der ödesten, unfruchtbarsten und unangenehmsten Erdflecke, die man in Deutschland sehen kann.” Erst ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Heideflächen aufgeforstet.
Gebildet hat sich die Heide nach der letzten Eiszeit, jedoch nicht ohne menschliches Zutun. Die nach dem Verschwinden der Gletscher entstandenen Wälder wurden von Menschen durch Rodung und Beweidung zurückgedrängt. Intensive Heidewirtschaft führte zu einem Auslaugen des Bodens. Die Bauern reagierten darauf mit einem Abtragen der oberen Bodenschicht, die man Plaggen nannte. Diese wurde in den Schafställen als Streu ausgelegt und später nach Anreicherung mit Kot und Harn als Dünger auf die Felder ausgebracht. Die mühsame Arbeit fand später Eingang in den alltäglichen Sprachgebrauch unter dem Namen “Plackerei”. Ohne Kunstdünger verarmte der Boden immer weiter bis letztendlich der Ackerbau aufgegeben wurde und sich die anspruchslose Heide ansiedeln konnte. Die Bauern mussten weiterziehen und neue Flächen für ihre Landwirtschaft suchen.
Pünktlich um 17 Uhr trafen wir dann auf den Schäfer einer Heidschnuckenherde: der Herdeneintrieb von der Heide in den Schafstall kann jeden Montag bis Donnerstag am Schafstall öffentlich miterlebt werden. Wir waren nicht die einzigen Zuschauer des Spektakels – alle Touristen wurden gebeten, sich am Wegrand in einer Reihe aufzustellen.
Unterstützt durch zwei Hütehunde waren nach einer Viertelstunde alle Schäfchen ins Trockene gebracht und wir konnten uns unserem leiblichen Wohl widmen.
In der Gegend schienen nahezu alle Restaurants vereinbart zu haben, dienstags einen Ruhetag einzulegen. Alex hatte zuvor jedoch noch ein Restaurant rausgesucht, dessen Karte uns zusagte. Nach den Eindrücken vom Schafeintrieb konnten wir im Restaurant des Gut Landliebe die Seite mit den Heidschnuckengerichten schnell überblättern und blieben bei Schnitzel und Hähnchen-Cordon Bleu hängen – eine definitiv gute Wahl, zusammen mit einem Detmolder Landbier.
Eine Eisdiele war heute weit und breit nicht in Sicht, daher besorgten wir uns den süßen Abschluss nach dem Abendessen im ALDI Nord. Zum Glück sah uns niemand beim Fotografieren des Supermarkts.